
Die neue Dimension im Schweizer Sponsoring: Corporate Social Sponsoring
Bis vor einigen Jahren wurden zwei Formen finanzieller Unterstützung öffentlichkeitsrelevanter Projekte konsequent getrennt beurteilt und bearbeitet: Sponsoring und Corporate Social Responsibility. Ist Sponsoring heute ein ökonomisch ausgerichtetes Instrument des Marketing und der Marketingkommunikation, werden CSR-Projekte fast ausschliesslich nach altruistischen Motiven finanziell unterstützt. Entsprechend werden Projekte beider Kategorien auch heute noch in verschiedenen Abteilungen bearbeitet, die nur selten eng zusammenarbeiten. So weit, so bekannt. Im angelsächsischen Raum findet zwischen diesen Abteilungen allerdings schon längst eine inhaltliche Zusammenarbeit beider Instrumente statt, welche zu einer neuen Disziplin des Sponsoring führt: dem Corporate Social Sponsoring.
Es lohnt sich, einen kurzen Blick auf die historische Entwicklung des Sponsoring in der Schweiz zu werfen. Lange bevor sich diese Unterstützungsform zu einem ökonomisch ausgerichteten Instrument der Marketingkommunikation entwickelte, basierte Sponsoring selten auf dem wechselseitigen Austausch von Leistungen. Vielmehr handelte es sich um eine offen oder diskret gestaltete Form des Mäzenatentums. Schritt für Schritt wurden in den letzten Jahrzehnten Leistungen und Gegenleistungen immer weiter konkretisiert.
Dasselbe trifft heute auf Corporate Social Responsibility zu. Diese Projekte werden oft bei der Abteilung Public Relations geführt ohne den Anspruch zu haben, nebst einer allgemeinen imageorientierten Funktion eine unmittelbare ökonomische Wirkung zu erzielen. Dennoch: Genau wie von Sponsoring-Engagements dürfen auch heute von gewissen CSR-Projekten Gegenleistungen zum unmittelbaren Nutzen eines Unternehmens eingefordert werden. Ziele einer mittel- bis langfristig ausgerichteten Unternehmenskommunikation lassen sich damit nämlich hervorragend erreichen.
Im angelsächsischen Raum ist CSR schon seit vielen Jahren unmittelbar mit dem klassischen Sponsoring verknüpft. Grosse Volksanlässe generieren nebst einer bemerkenswerten Branding-Wirkung sehr viel Geld für Non Profit Organisationen, die zugunsten der Gesellschaft wichtige Projekte in den Bereichen Gesundheit und Umwelt realisieren. Der New York Marathon beispielsweise trug in seinem Rekordjahr 2011 34 Mio $ zusammen. Der Virgin Money London Marathon sammelte seit seiner erstmaligen Durchführung 1981 mehr als 600 Mio £. Sponsoren dieser Veranstaltungen profitieren gleich doppelt: ihre Marke wird der breiten Öffentlichkeit im Umfeld einer grossartigen Sportveranstaltung gut sichtbar präsentiert und gegenüber den Zielgruppen erst noch mit einem wichtigen Anliegen im Dienst der Gesellschaft in Verbindung gebracht.
In Holland wurde 2006 ein ganz anderes Projekt aus der Taufe gehoben: „Alpe d’HuZes“. Z steht für die Zahl 6. Krebsbetroffene, deren Angehörige und Freunde fahren ihren Möglichkeiten entsprechend 6 Mal die legendäre Strecke der Alpe d’Huez der Tour de France und sammeln auf diese Weise Geld für die holländische Krebsliga. 2013 wurden auf diese Weise sensationelle 29 Mio € zusammengetragen.
Im Oktober, dem Brustkrebs-Monat, sind in den USA die Farbe Pink und die gleichfarbige Solidaritätsschlaufe omnipräsent. Im Sinne einer mittlerweile internationalen Aktion wird auf Brustkrebs-Früherkennung und Solidarität mittels zahlreicher marketingwirksamer „Pro Bono“-Massnahmen gesetzt. Selbst das Weisse Haus wird im Oktober Pink illuminiert. Die Grenzen zwischen CSR und Marketing schwinden damit zusehends.
Nun mag man einwenden, dass die Schweiz diese Charity-Kultur aus den USA, Grossbritannien und Holland nicht teilt. Wir mögen ein Volk diskreter, ja anonymer Spender entsprechend dem Motto „Tue Gutes und sprich nicht darüber“ sein. Dennoch ist ein klarer Trend festzustellen: die klassischen Briefspenden sind deutlich rückläufig. Neue Spendenformate wie „Jeder Rappen zählt“ zeigen auf, dass jüngere Zielgruppen Spendenaktivitäten mit persönlich bereichernden Erlebnissen, Gruppenerfahrungen und einer gewissen Form der Selbstinszenierung verbinden wollen. Projekte wie der „Pink Ribbon Walk“, das „Race for Life“ und der „Wings for Life Run“ gewinnen von Jahr zu Jahr viele neue Teilnehmer und generieren mittlerweile für Schweizer Dimensionen sensationelle Spendenerträge.
Die Potenziale für die beteiligten Unternehmen sind bemerkenswert: hoch motivierte Teilnehmergruppen, ihr breites soziales Umfeld und die themenaffine Öffentlichkeit werden durch solche Anlässe schweizweit erreicht. Noch unmittelbarer gestaltet sich der Wert für die eigenen Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner: diese werden als Läufer oder Fahrer im Firmen-Team Teil des Events im Dienste einer guten Sache. Damit können solche CSR-Plattformen bei den internen und externen Zielgruppen sehr direkt eine enorme Wirkung entfalten. Verbindet man eine solche Partnerschaft ausserdem mit der geplanten Weihnachtsspende anstelle des üblichen Kundenpräsents, verstärkt und verlängert sich die Wirkung des Engagements entsprechend.
Das Potenzial solcher Engagements in der Zukunft ist beträchtlich. Es lohnt sich, auch in der Schweiz über Corporate Social Sponsoring.
Markus Aerni , Geschäftsführer und Inhaber von viceversa gmbh